Herbstvorlesung aus der Reihe “Unruhe Bewahren”
Eine komplizierte Beziehung
Die renommierte Historikerin Ute Frevert hat sich auf die Geschichte der Gefühle spezialisiert. In Graz beleuchtet sie das schwierige Verhältnis von Kapitalismus und Moral in Geschichte und Gegenwart. Sollen grundsätzlich und unterschiedslos alle Waren und Dienstleistungen dem kapitalistischen Marktmodell eingepreist werden? Wie steht es mit gemeinen Gütern wie Luft oder Wasser? Mit Dienstleistungen wie Sterbehilfe oder Prostitution? Gibt es Grenzen des Marktes, und wer legt sie fest?
Außerdem geht es um die „moralischen Empfindungen“ in ökonomischen Austauschprozessen. Welche Erwartungen an Fairness, Gerechtigkeit, oder Solidarität etwa gibt es? Welche sozialen Praktiken folgen daraus? Und wie ändern sich Moral und Praktiken im Verlauf der Moderne?
Ute Frevert wurde international bekannt durch die Erforschung der Emotionsgeschichte und für ihre Pionierarbeit in der historischen Männerforschung. Sie ist seit 2008 Wissenschaftliches Mitglied der Max-Planck-Gesellschaft und Direktorin des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung in Berlin, wo sie den Forschungsbereich „Geschichte der Gefühle“ leitet. Sie studierte Geschichte und Sozialwissenschaft an den Universitäten Münster, Bielefeld und an der London School of Economics and Political Science. Nach ihrer Promovierung hatte sie u.a. Professuren an der Yale University, USA, sowie den Universitäten Bielefeld, Konstanz und Berlin.
Zuletzt erschienen: Die Politik der Demütigung: Schauplätze von Macht und Ohnmacht (Fischer: Frankfurt am Main 2017); Vertrauensfragen. Eine Obsession der Moderne (C.H. Beck: München 2013); Vergängliche Gefühle (Wallstein: Göttingen 2013).